Lern-Kultur Perspektiven

Hier geht es darum, wie eine Organisation lernt – also deren Lern-Kultur.

Das Wie kommt zwar am leichtesten über die Lippen, aber es geht auch um das Wann, Wer und Wozu.
Ich verändere mal die Reihenfolge:

Wozu sollte eine Organisation lernen ?
Das sollte einfach zu beantworten sein, oder ?
Um zukunftsfähig zu bleiben !
Nicht die Einzige aber wichtigste Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit ist die Anpassungsfähigkeit.
Und ständig anpassen muss sich eine Organisation auf so vieles: 
Den Markt mit seinen Wettbewerbern, Kunden und Regulierungen
Die verfügbaren Ressourcen wie Geld, Zeit, benötigte Rohstoffe und Materialien
Erfolgsfaktoren wie aktuelle und künftige Mitarbeitende sowie die eigene Infrastruktur
Die Umwelt mit geologischen und politischen Einflüssen
Bei all diesen Punkten hilft eine passende Lern-Kultur,  anpassungsfähig zu bleiben.

Wer kann in einer Organisation lernen ?
Natürlich erstmal die Mitarbeitenden. 
Für sich selbst, für die anderen Mitarbeitenden und für die Organisation.
Ersteres ist selbstverständlich, das Zweite fördert das Arbeiten im Team und das Dritte klingt erstmal komisch. Damit ist gemeint, dass Mitarbeitende im Kontext der Organisation lernen, um ihre eigene Rolle besser auszufüllen.

Wie genau kann eine Organisation lernen ?
Zum Beispiel durch Analysieren, Ausprobieren, Beobachten, Verstehen und Adaptieren.
Oder auch dadurch, dass Fehler gemacht werden.
Dafür sollte die Organisation über eine gute Fehler-Kultur verfügen. (siehe Teil 2 der Reihe)
Zum „Beobachten“ schreibe ich unten noch mehr.

Wann kann eine Organisation lernen ?
Am besten dann, wenn die Organisation das Lernen aktiv zulässt und fördert.
Und sich im richtigen Moment bewusst wird, dass jetzt eine Chance zum lernen besteht.
In der Praxis bedeutet das, dass ein Umfeld geschaffen wird, wo alle ermutigt werden zu lernen und Gelerntes aufzuzeigen.
Um zu zeigen, was das Gelernte für eine Person, eine Gruppe oder die Organisation bedeutet.

Soviel zum Überblick.
Tauchen wir etwas tiefer in zwei Kern-Themen ein.


Die Beobachtungs-Kompetenz
Hierbei geht es darum, die Organisation mit ihren Prozessen und Abläufen, sowie ihren Menschen im Blick zu behalten.
Gezielt zu beobachten, um den richtigen Zeitpunkt zum Lernen nicht zu verpassen.
Das kann man aktiv anstossen, in dem man zum reflektieren einlädt. Alleine oder in der Gruppe.
Zum Beispiel, indem man nach Abschluss eines Projekts oder einer Transformation zurückblickt und analysiert, welche Lehren daraus gezogen werden können.
Das Ziel ist, durch die Reflexion zu lernen, denselben Fehler nicht nochmal zu machen.
Oder das, was vielleicht auch nur im Kleinen hilfreich war, künftig beizubehalten.
Auch aktives nach vorne schauendes Beobachten hilft zu erkennen, wenn etwas „aus dem Ruder läuft“.
Das passende Buzzwort lautet hier: „Retrospektive“

Warte mal, das ist doch banal und unter verschiedenen Bezeichnungen schon immer ein Prozess in jeder Organisation, oder ?
Na klar!
Leider zeigt sich oft, dass Organisationen diese Kompetenz nicht ausreichend trainieren.
Oder klein halten, in dem zum Beispiel die Mitarbeitenden Angst oder keine Lust mehr haben, etwas aufzuzeigen, was Sie beobachtet haben.
Außerdem finde ich auch immer wieder blinde Flecken bis hin zu bewusst versteckten Orten in Organisationen, wo Beobachtung verhindert wird.
Stichwörter: „Das war schon immer so“ und „Protektionismus“.


Die Lern-Kompetenz
Hier geht es um das gezielte Lernen in Trainings oder Workshops oder nebenbei durch andere Mitarbeitende oder Vorgesetzte.
Und um die Auswirkung auf die Lernenden und die Organisation.
Denn eine hilfreiche Lern-Kultur fördert die Lern-Kompetenz der Organisation.

Oben habe ich das Schlagwort „Lernen im Kontext“ verwendet. 
Für die Mitarbeitenden macht Lernen im Kontext der eigenen Rolle eher Sinn als ein Kontext, der für die TrainerInnen gemütlicher ist. 
Wenn beispielsweise Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen an einem Training teilnehmen, ist die Vorbereitung für die TrainerInnen oft eine Herausforderung. Sie wählen dann häufig Beispiele, die vermeintlich für alle passen.
Was dann für keinen wirklich passt. 
Das Ergebnis sind Lernende, die das Gelernte Alleine in Ihren persönlichen Rollen-Kontext adaptieren oder übersetzen müssen.
Der Lerneffekt sinkt immer dann drastisch, wenn bei der Adaption gemachte Fehler nicht erkannt werden.

Oder Teams werden mit Übungen, die so gar nicht im Kontext der Organisation stattfinden, trainiert, besser zusammen zu arbeiten.
Später zeigen Teams am Arbeitsplatz plötzlich nicht mehr die gute Zusammenarbeit wie beim Spaghetti-Turm-bauen im Workshop.
Bequem für die TrainerInnen, Spaß für die Teilnehmenden (ich auch) und Zeit + Geld Verschwendung für die Organisation.

Die Organisation sollte nicht für den Spaß der Mitarbeitenden verantwortlich sein, sondern für deren Weiterentwicklung und ungehindertes Arbeiten im Organisationskontext. Spaß beim Arbeiten und mit den KollegInnen wäre dann eher ein erwünschter Nebeneffekt.

Schauen wir noch genauer auf die Lern-Kompetenz der Organisation.

Diese setzt sich wie folgt zusammen:
1. Die einzelnen Lern-Kompetenzen aller Mitarbeitenden
2. Der Art und Weise wie Lernen für die Mitarbeitenden gestaltet wird
3. Wie die formalen Regeln der Organisation auf die Lern-Kultur einwirken

Demnach ergibt sich für die Organisation folgender Handlungsbedarf um die Lern-Kompetenz zu erhöhen:
1. Den Mitarbeitenden genug Ressourcen (Budget, Vertrauen, Wissen, etc.) an die Hand geben, damit diese Ihre Lern-Kompetenz erhöhen können.
2. Trainings und Workshops so gestalten (lassen), dass immer im Kontext der jeweiligen Rolle gelernt werden kann.
3. Die formale Seite der Organisation (Prozesse, Strukturen, Kommunikation, Entscheidungen) so definieren, dass sich eine förderliche Lern-Kultur entwickeln kann.


Die ersten zwei Punkte sind für eine Organisation relativ schnell erreichbar.
Der 3. Punkt kann eine mittlere bis große Transformation bedeuten. 
Je nach dem wie sich die Lern-Kultur im Laufe der Jahr(zehnt)e entwickelt hat.


Meldet Euch gerne bei mir, wenn Ihr Unterstützung wollt: bernhard.fasold@bejofa.de